
Die wohl steilste Straße Schwedens:
- Sunne - Sunne
- 36 km · 400 hm · Hügelig

Schweden ist nicht unbedingt für seine weiten Gebirgszüge bekannt. Im Gegenteil ist bis auf wenige Ausnahmen an der Grenze zu Norwegen die Topgraphie Schwedens flach bis hügelig. Trotzdem findet sich bei Tosseberg zwischen Torsby und Sunne eine asphaltierte Stichstraße, der Tossebergsklätten, die mit Steigungen bis 20 % aufwarten kann. Das macht sie zur wohl steilsten asphaltierten Straße Schwedens. Natürlich mussten wir Alpenvettern diese besondere Strecke vor Ort besichtigen.
Unsere kurze Tour zum Tossebergsklätten beginnt in Sunne, einer kleinen Stadt, ungefähr 70 Kilometer von Karlstad im Süden und rund 80 Kilometer von der norwegischen Grenze im Westen entfernt. Sunne ist vor allem als Wintersportort und Skizentrum bekannt. Doch auch kulturell braucht sich Sunne nicht zu verstecken: Etwas südlich befindet sich Mårbacka, ein Herrenhaus, in dem die Literaturnobelpreisträgerin Selm Lagerlöf zur Welt gekommen ist. Eines ihrer bekanntesten Werke dürfte die Geschichte von Nils Holgersson sein, aber auch der Roman Bannlyst oder der Kaiser von Portugallien (Kejsarn av Portugallien) zählen zu ihrem Œuvre. Zum Gedenken an die Schriftstellerin befindet sich im Zentrum von Sunne unweit des kleinen Hafens auch eine Statue der Schriftstellerin.

Genau dort, an der Statue Lagerlöfs, starten wir unsere kurze Tour und orientieren uns über leicht ansteigendes Gelände durch eine Wohnsiedlung in Richtung E45. Die große Fernverkehrsstraße ist die einzige (asphaltierte) Verbindung nach Tosseberg. Auch von Norden, aus Torsby kommend, müssten wir die E45 nehmen. Unserer Erfahrung nach ist das aber auch nicht allzu dramatisch. Sicher wird man ab und an von einem größeren LKW überholt. Aber unser Eindruck ist, dass es auf deutlich kleineren deutschen Landstraßen zum Teil turbulenter zugeht. Zumindest während unserer Befahrung an einem Wochentag gegen Mittag gestaltet sich der Verkehr vollkommen erträglich.
So rollen wir in Richtung Norden, auf leicht ansteigender Strecke und genießen immer wieder Blicke auf den großen See Övre Fryken. Der See ist auch der Grund, warum wir die E45 nehmen müssen: Auf der anderen Seeseite gäbe es eine kleinere Landstraße. Doch gibt es keine Brücke, die uns vor Torsby erlauben würde, auf die Seite von Tosseberg zu wechseln.

Nach rund 14 Kilometern erkennt man schon den eindrucksvollen Kegel des Tosseberg. Es kommt ein bisschen das Gefühl vom Kitzbüheler Horn auf, das ebenfalls hoch in den Himmel ragt. Natürlich ist der Anstieg hier deutlich kürzer und niedriger. Trotzdem beflügelt uns der Anblick nicht weniger als in Tirol. Der Anstieg selbst beginnt in einer Seitenstraße linker Hand, zum Glück ist der Tossebergsklätten überregional bekannt und entsprechend gut ausgeschildert.
Zur allgemeinen Ausschilderung gesellt sich noch ein Schild, das uns besonders gefällt: 20 % verkündet ein Steigungsschild zu Beginn des Anstiegs während der nächsten 1,5 Kilometer, außerdem eine kurvige Trassierung. Da kommt Vorfreude auf! Bester Laune treten wir in die Pedale und schalten flott in niedrigere Gänge. Zunächst geht es noch recht zahm bergan, mehr oder minder geradeaus durch eine kleine Waldschneise. In einer leichten Linkskurve öffnet sich die Landschaft ein wenig und man kann erste Blicke zurück zum Övre Fryken erhaschen. Vor uns liegt eine serpentinenartige Rechtskurve und ab hier zeigt der Anstieg seine Zähne.

Die Straße wird bocksteil und wir spüren den starken Widerstand in den Oberschenkeln. Hier kann es nicht schaden, auch kurz aus dem Sattel zu gehen, um nicht zu langsam zu werden. Gerade bei kürzeren Anstiegen ist es manchmal besser, die Geschwindigkeit hochzuhalten und die hohen Steigungsprozente zu „wuppen“. Hier am Tossebergsklätten zieht sich die steile Passage zwar etwas länger, über mehrere leichte Kurven hintereinander. Trotzdem kommen wir im Wechsel aus Wiegetritteinlagen und eher quetschenden Passagen im Sitzen gut voran. Der Puls springt entsprechend in die Höhe und es ist gut, dass der Anstieg bald zu Ende ist. Wäre der Tossebergsklätten noch ein Stück länger, müsste man zweifelsfrei eher auf Rhythmus fahren.
Doch nach einer langgezogenen Linkskurve erreichen wir einen Parkplatz und das Ende des Anstiegs. Hinter einem kleinen Café kann man die Aussicht den Berg hinab genießen. Noch besser ist der Ausblick, wenn man in Richtung Aussichtsturm geht. Dort, zwischen den Bäumen, kann man herrliche Blicke zum Övre Fryken erhaschen. Auf dem Turm selbst würde sich ein noch herrlicherer Rundblick bieten.

Wir genießen kurz die Aussicht, nehmen einen Schluck aus unseren Bidons und klicken recht bald wieder ein. Leichter Niesel ist zu spüren, für den Nachmittag sind heftige Gewitter vorhergesagt. Deshalb stürzen wir uns in die rasante Abfahrt. Hier können wir es ohne großes Risiko rollen lassen. Die Strecke ist hervorragend asphaltiert und wochentags ist kaum etwas los – das freut das Alpenvetternherz.
An der E45 halten wir uns rechter Hand und fahren wieder dieselbe Strecke zurück, auf der wir gekommen sind. Eine Alternative wäre hier eine Rundtour über Torsby und die andere Seeseite. Wegen der eindeutigen Wettervorhersage und bereits sichtbaren Schauerwolken nehmen wir die direkte Variante zurück nach Sunne. Auch auf unserem Rückweg gibt es auf der E45 keine Probleme, lediglich der Asphalt ist auf dieser Straßenseite rauer.
Trotzdem kommen wir in kurzer Zeit wieder in Sunne an und können unsere Tour mit trockenen Pneus beenden. Regen ist nicht schlimm, aber schöner ist es natürlich, wenn man trocken bleibt. In Sunne selbst gönnen wir uns noch eine herrliche Kanelbulle in der Konditorei im Zentrum. Die Tour war kurz, aber nach der wohl steilsten asphaltierten Straße Schwedens darf es ruhig eine kleine Stärkung geben.