Cîme de la Bonette

Vom Allgäu nach München

Die Allgäuer Alpen in Oberstdorf sind atemberaubend schön
Sascha
Trotz GPS-Panne eine traumhafte Tour!

Vom Allgäu nach München:

  • Oberstdorf - München-Allach
  • 196 km · 2283 hm · Alpin

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Neben der Bahnstrecke geht es aus Obersdorf hinaus, mit den Bergen im Rücken
Neben der Bahnstrecke geht es aus Obersdorf hinaus, mit den Bergen im Rücken (Foto: Sascha Resch)

Die Alpen sind von München nur ein paar Stunden entfernt und auch mit dem Fahrrad in einer Tagestour gut zu erreichen. Das haben wir bereits mehrfach unter Beweis gestellt, z.B. bei unserer Fahrt zum Spitzingsee. Doch auch in die andere Richtung, nach Südwesten, ist eine Tagestour mit alpinem Flair durchaus möglich. Zwar ist die Distanz etwas größer, aber kombiniert mit einer Zugfahrt ist es in einem Tag bequem zu schaffen, von Oberstdorf, der südlichsten Gemeinde Deutschlands nach München zu fahren.

Für unsere Oberstdorf-Tour heißt es: früh aufstehen. Zum einen erwartet uns eine längere Distanz, sodass ein zeitiger Start von Vorteil ist. Viel wichtiger ist es jedoch, den ersten Zug von München nach Oberstdorf zu erwischen. Ins Allgäu schickt die gute Deutsche Bahn viel zu kleine Züge und bereits der erste Zug um kurz vor halb sechs ist gut gefüllt. Natürlich ist es schön, wenn viele Menschen die öffentlichen Verkehrsmittel nutzen. Doch wir wissen nur allzu gut, dass der Platz für Radfahrer in den Zügen der Deutschen Bahn unverständlicherweise viel zu knapp bemessen ist. Insbesondere wer schon einmal in Österreich oder in der Schweiz mit dem Zug unterwegs war, kann da nur den Kopf schütteln.

Deshalb quälen wir uns um halb vier aus dem Bett, um mit der ersten U-Bahn in die Innenstadt zu gelangen. Im Zug sind wir noch ganz schlaftrunken und dösen vor uns hin. Nur wenn der Zug hält, müssen wir wach sein, denn an jeder Station steigen mehr Menschen ein und es gilt, immer wieder ein bisschen mit dem Rad zu rangieren. Nach insgesamt drei Stunden (der Zug hat doch tatsächlich eine halbe Stunde Verspätung angehäuft) sind wir endlich in Oberstdorf und wissen wieder, warum wir die Bahn ungern nutzen. Zum Glück brauchen wir heute keinen Zug mehr, denn den Rückweg treten wir komplett mit dem Fahrrad an.

Zunächst gönnen wir uns aber in einer Bäckerei in Oberstdorf einen herrlichen Cappuccino und lassen uns bei einem kleinen Frühstück die Morgensonnen auf den Bauch scheinen. Es ist zwar noch recht frisch, aber in der Sonne lässt es sich gut aushalten. Um kurz vor neun geht es endlich los! Wir fahren von Oberstdorf in Richtung Norden und bewundern zunächst die eindrucksvollen Allgäuer Alpen im Morgenlicht. Der Zugstress hat sich also doch schon gelohnt.

Wir fahren nicht auf der großen B19, sondern nutzen die kleinere Landstraße auf der östlichen Seite des Tals. Hier können wir recht entspannt dahinrollen und kommen nach dem Anstieg bei Schöllang auf tendenziell abschüssiger Strecke schnell voran. Recht bald haben wir Sonthofen erreicht, das wir schon von der heutigen Zugfahrt kennen. Wir halten uns hier aber in Richtung Osten, denn wir wollen nach Bad Hindelang und zum Oberjochpass. Wir haben Glück, denn einerseits gibt es einen Radweg an der Bundesstraße, andererseits kann man immer wieder in die kleinen Ortschaften ausweichen und dort vorwärtskommen. So ist die Fahrt gar nicht so mühselig, wie es bei einem Blick auf die Landkarte scheinen mag.

Am Anstieg zum Oberjochpass wartet eine herrliche Aussicht auf uns
Am Anstieg zum Oberjochpass wartet eine herrliche Aussicht auf uns (Foto: Sascha Resch)

Es wird immer milder und nach und nach können wir unsere warme Kleidung ablegen und in „Kurz-Kurz“ weiterfahren. Die Sonne wärmt die Haut auf unseren Oberschenkeln, ein wohliger Genuss. Es ist gut, dass unsere Muskeln gewärmt sind, denn kurz nach Bad Hindelang geht es ordentlich bergauf, am Anstieg zu Oberjochpass. Normalerweise ist dieser Pass stark befahren, doch am frühen Vormittag ist der Verkehr noch erträglich. Gnade denjenigen, die hier am Nachmittag hochfahren wollen. Jetzt ist es aber ganz angenehm und wir können die kurvenreiche Strecke bei moderater Steigung vollauf genießen. Der Oberjochpass macht einfach riesig Laune: Wir fahren kaum einen Meter geradeaus, die vielen Kurven kann man kaum zählen. Die schon erwähnte zahme Steigung erlaubt es uns außerdem, mit 15-20 km/h hochzubrettern. Das sorgt für gute Laune!

Unserer Meinung nach viel zu früh sind wir in Unterjoch angekommen. Wenn wir uns geradeaus bzw. leicht rechts halten würden, kämen wir zum eigentlichen Pass, der sich kurz vor der österreichischen Grenze befindet. Wir haben aber noch viel vor und lassen den offiziellen Pass, der kaum extra Höhenmeter böte, links (oder besser rechts) liegen. Nach einem Müsliriegel stürzen wir uns in die Abfahrt in Richtung Norden.

An der Stubentalalpe begrüßen uns neugierige Kühe.
An der Stubentalalpe begrüßen uns neugierige Kühe (Foto: Sascha Resch)

Hier muss man ordentlich aufpassen, damit man nicht die Abzweigung nach Jungholz verpasst. Wir wollen nämlich der österreichischen Quasi-Enklave, die bis auf einen kleinen Punkt im Süden vollständig von Deutschland umgeben ist, besuchen. Zusätzliches Plus: Hier wartet ein durchaus fordernder Anstieg zur Stubentalalpe. Bereits kurz nach der Abzweigung geht es ordentlich bergauf. Was für ein Unterschied im Vergleich zum Oberjochpass. Wir mühen uns ziemlich ab, bis es in der Ortschaft Jungholz zunächst abflacht. Doch nur wenige Meter später zieht die Straße wieder ordentlich an und bis zur Stubentalalpe bleibt es bei fordernden Steigungsprozenten. Zusätzlich ausgebremst werden wir von einem Viehgatter, über das wir unser Velo hinüberhieven müssen. Trotzdem lohnt es sich: Wir erobern so einen einzigartigen Anstieg in der Quasi-Enklave Jungholz und können das Gebimmel der Kuhglocken genießen.

Bald drehen wir um und fahren nach Jungholz zurück. Dort gönnen wir uns eine weitere Pause in der Morgensonne auf einem Bankerl bei der Kirche Unserer Lieben Frau Mariae Namen. Hier könnten wir es noch ewig aushalten, aber wir müssen weiter, denn es liegen noch viele Kilometer vor uns. Deshalb klicken wir bald ein und fahren ins Wertachtal ab. Dort halten wir uns wieder Richtung Norden. Die Tour verläuft so entspannt, wir sind guter Dinge.

Doch plötzlich trauen wir unseren Augen nicht: Unser GPS zeigt mitten in der Pampa an, dass unsere Tour beendet ist. Wie kann das sein? Wir haben tags zuvor die Route gewissenhaft abgeklickt, alles mehrfach kontrolliert. Und jetzt behauptet unser Wahoo Elemnt, wir seien am Ziel? Offensichtlich hat unser GPS-Gerät keine Lust auf Tracks von rund 200 Kilometern. Dieses Verhalten kannten wir bereits vom vorigen Garmin, doch beim neuen Wahoo hatte es bisher keine Probleme gegeben und dieser Bug trifft uns völlig unvorbereitet. Mehrere Neustarts des Geräts bringen keine Besserung. Es bleibt uns also nicht anderes übrig, als ohne „Wurm“ zu navigieren. Zum Glück kennen wir die Route in etwa auswendig. Trotzdem wird uns dieser technische GAU noch mehrmals ausbremsen.

Mithilfe von Landkarte, Handy und dem Rat freundlicher Einheimischer schaffen wir es doch nach Nesselwang. Auch der weitere Weg lässt sich gut bewältigen, auch wenn wir immer wieder anhalten müssen, um unseren Weg zu kontrollieren, denn wir fahren über kleine Nebenstraßen in Richtung Zell bzw. Eisenberg. Immerhin wollen wir die Straße zur dortigen Schlossbergalm unter die Räder nehmen. Und unser Vorhaben lassen wir uns von unserem zickigen Wahoo nicht vermiesen. Irgendwie finden wir den Weg nach Zell und auch die kleine Auffahrt zur Schlossbergalm. Der Stich ist etwas steiler, aber kurz. Leider ist die Straße gut besucht, sodass wir vor allem bei der Abfahrt höllisch aufpassen müssen.

Nach einer weiteren Pause – regelmäßige Kurzpausen sind bei so einer langen Tour Pflicht – navigieren wir irgendwie weiter, über Tannenmühle in Richtung Seeg und über zunächst kleinere Straßen und dann die wellige Hauptstraße nach Roßhaupten. Zwar versprechen uns Radweg-Schilder, dass wir auch abseits der Hauptstraße nach Roßhaupten kämen. Doch wir wollen unser Glück nicht haerausfordern, eine Schottereinlage können wir jetzt überhaupt nicht gebrauchen.

Kurz nach dem Ortseingang von Roßhaupten fahren wir noch in eine kleinere Straße nach recht. Diese führt uns nach Ussenburg – die Strecke dorthin ist teilweise ordentlich steil, belohnt uns aber am Ende mit einer frandiosen Aussicht über den Forggensee. Am Berghang jenseits des Forggensees kann man auch das Schloss Neuschwanstein erahnen, eines der wohl bekanntesten Symbole Bayerns. Aufgrund der Heerschaaren von Touristen, die Neuschwanstein und Füssen belagern, sind wir aber froh, dass wir hier fernab vom Trubel die Aussicht genießen können.

Von Ussenburg hat man eine herrliche Aussicht in Richtung Forggensee
Von Ussenburg hat man eine herrliche Aussicht in Richtung Forggensee (Foto: Sascha Resch)

Auf gleicher Strecke fahren wir zurück nach Roßhaupten und orientieren uns in Richtung Lechbruck, zweigen dann aber auf eine kleinere Straße ab, um über Echerschwang durch ruhigere Gegenden nach Bernbeuren zu radeln. Dort könnten wir noch den Auerberg in Angriff nehmen. Mit dieser Option haben wir zuvor geliebäugelt, doch angesäuert und ausgebremst von der mühsamen Navigation, lassen wir den Auerberg links liegen. Immerhin haben wir diesen Anstieg schon vor langer Zeit ins Palmarès aufgenommen, auch wenn die Aussicht lohnenswert wäre.

Stattdessen fahren wir in Richtung Norden über die kleinen Orte wie Schwabbruck, Schwabsoien und Denklingen. Hier ist tatsächlich wenig los, fast schon zu wenig, denn ein kurzer Stopp, um die Wasserflaschen aufzufüllen wäre eigentlich angenehm. Doch hier hat am Samstagnachmittag alles geschlossen, sodass uns wenig übrig bleibt, als weiterzufahren. In Denklingen fahren wir schließlich nach Westen, um den Lech zu queren. Am Lech erwartet uns noch eine harte Prüfung. Denn vom Fluss aus geht es über einen steilen Hang bei fast 14% Steigung hinauf nach Reichling. Nach den bisherigen Strapazen des heutigen Tages ist diese Rampe alles andere als lustig. Deutlich langsamer, als uns lieb ist, quetschen wir uns nach oben.

Jetzt haben wir aber tatsächlich das Schlimmste geschafft, jetzt warten noch einige Kilometer auf uns, aber ohne größere Schwierigkeiten. Über Thaining und Finning erreichen wir Schondorf, wo der Verkehr dichter wird, denn wir erreichen die Freizeitregion rund um den beliebten Ammersee. Zum Glück gibt es hier gut ausgebaute Radwege, sodass zwar der Lärm etwas nervt, trotzdem sind wir sicher unterwegs. An der A96 nutzen wir die parallel zur Autobahn verlaufenden Radwege bzw. später die Landstraße. Es wird zwar immer zäher, aber nach einiger Zeit erreichen wir doch Gilching, das man als einen ersten Vorort Münchens werten kann. Hier sind wir öfters unterwegs, die Navigation gestaltet sich jetzt deutlich einfacher, auch wenn wir schon sehr müde sind.

Langsam tut alles weh, doch wir pedalieren weiter, wohl wissend, dass wir es bald geschafft haben. Germering, Aubing, jetzt sind wir fast da. Von Aubing aus kann man sich aussuchen, ob man lieber nach Pasing möchte, dort könnte man mit einem Zug oder einer S-Bahn nach Hause fahren. Wir entscheiden uns stattdessen dafür, nach Allach zu fahren. Auf den übervölkerten Pasinger Bahnhof haben wir nach dem heutigen Tag wirklich keine Lust mehr.

Am Ende des Tages haben wir einiges gelernt. Zum einen – eine Binsenweisheit – wird die Deutsche Bahn immer schlechter. Eine Radtour mit einer Zugfahrt zu kombinieren, wird immer mehr zum Martyrium. Zum anderen haben wir gelernt, wie abhängig wir doch mittlerweile von GPS-Geräten sind. Wir haben es zwar geschafft, ohne große Probleme auch ohne GPS zu navigieren. Trotzdem haben wir gemerkt, welchen großen Vorteil die Technik bietet. Ohne GPS muss man immer wieder anhalten, verliert Zeit, die dann bei den nötigen Pausen fehlt. Umso wichtiger ist es, dass das GPS-Gerät zuverlässig funktioniert. Wir können nur hoffen, dass unser Wahoo in Zukunft besser funktioniert. Auch wenn es unbequem ist, werden wir lange Touren in mehrere Tracks aufteilen. Und wenn das GPS-Gerät dann immer noch zickt, fliegt es in hohem Bogen in den nächstgelegenen Mülleimer – alles was recht ist.

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