Stippvisite in Liechtenstein:
- Schaan - Schaan
- 39 km · 1440 hm · Alpin
Liechtenstein – mit dem kleinen Fürstentum zwischen der Schweiz und Österreich verbinden manche vielleicht nur eine viel befahrene Hauptstraße. Sicher gibt es diese Hauptstraße, doch Liechtenstein hat noch mehr zu bieten. U.a. den Anstieg nach Malbun, der bereits viermal (2004, 2007, 2011 und 2022) auf dem Programm der Tour de Suisse stand. Außerdem können wir entlang der Strecke nach Malbun mit dem Kulm einen zusätzlichen Pass einheimsen. Für uns Alpenvettern war klar: Eine Stippvisite in Liechtenstein ist Pflicht!
Die Stippvisite in Liechtenstein lässt sich von München aus ideal in einer Tagestour durchführen. Umweltbewusst reist man mit den Öffentlichen an. Das ist hier auch kein Problem, denn unser Fahrrad können wir getrost zu Hause lassen: In Schaan bietet Zweirad Wenaweser einen perfekten Service an und stellt auch hochwertige Rennräder zur Verfügung. Wir sparen uns also den Radtransport im Zug, der bekanntermaßen gerade in deutschen Zügen Gänsehaut verursacht. Trotzdem starten wir früh und nehmen die erste Verbindung von der bayerischen Landeshauptstadt nach Lindau, um bereits um kurz nach 9 Uhr in Schaan in Liechtenstein anzukommen.
Mit unserem Leihvelo geht es zunächst vom Schaaner Bahnhof die Hauptstraße entlang in Richtung Süden. Keine Sorge: Wir bleiben nicht lange auf dieser Straße und bei unserer Befahrung am Vormittag hielt sich der Verkehr auch noch sehr in Grenzen. Nach nur wenigen Kilometern des Einfahrens zweigen wir auch schon linker Hand ab und sehen ein Schild, das uns Auskunft über die Öffnung der Straße nach Malbun gibt. In unserem Fall ist die Straße offen, also nichts wie ab in den Anstieg!
Die Straße steigt zu Beginn sehr moderat an, erst nach einer leichten Rechtskurve wird es merklich steiler. Nach wenigen Minuten erreichen wir bereits die erste der vier Kopfsteinkehren im Bereich des Schlosses von Vaduz. Das Pflaster ist in bestem Zustand und lässt ein bisschen Gotthard-Feeling aufkommen. Wir passieren das berühmte Schloss, in dem der Fürst von Liechtenstein residiert und das man nicht besichtigen kann. Aber zumindest von außen können wir das festungsähnliche Bauwerk bestaunen, ein kurzer Stopp ist hier geradezu Pflicht.
Kurz hinter dem Schloss von Vaduz wird die Straße nochmals spürbar steiler. Das ist aber kein Problem, denn zum einen gibt es hier oben eher wenig Verkehr. Zum anderen fahren wir durch einen schattigen Wald, sodass wir auch bei zweistelligen Prozenten nicht allzu ins Schwitzen kommen. Ein Tipp: Immer wieder nach rechts schauen, denn zwischen den Bäumen kann man ab und an einen Blick auf das Rheintal erhaschen und so einen Eindruck davon bekommen, wie weit wir bereits geklettert sind.
In Triesenberg legt sich der Wald schließlich zurück. Spätestens hier können wir grandiose Blicke ins Tal zum Rhein und auf die Churfirsten genießen. Wir folgen unterdessen weiter der gut ausgebauten Hauptstraße und den Hinweisschildern in Richtung Malbun. Nur wenige Pedalumdrehungen später verlassen wir den kleinen Ort schon wieder und pedalieren bei stets fordernder Steigung weiter nach oben, bis wir den ca. 800 Meter langen Stegtunnel erreichen. Ja, Tunnel sind für Radsportler alles andere als angenehm. Aber in diesem Fall können wir Entwarnung geben. Der Stegtunnel ist gut beleuchtet und recht breit ausgebaut, mit einem Rücklicht sind wir also absolut sicher unterwegs. Was eher irritieren kann, ist die Steigung, denn diese legt sich im Tunnel quasi komplett zurück, wir fahren auf fast ebener Strecke dahin. Hier heißt es also, locker zu kurbeln und die Meter zur Erholung zu nutzen, anstatt sich aus dem Rhythmus bringen zu lassen.
Immerhin geht es nach dem Tunnel schon bald wieder steiler nach oben. Wir sind nun im Saminatal und haben die Blicke auf das Rheintal endgültig hinter uns gelassen. Das macht aber nichts, denn die Natur hier im Saminatal ist fantastisch! Noch dazu haben wir das Glück, nur wenig Verkehr anzutreffen – in Kombination mit der hervorragend asphaltierten Straße bleiben kaum Wünsche offen. Daneben wird uns auch sportlich einiges geboten, denn es wird noch ein bisschen härter. Bis nach Malbun wird die Straße im Grunde immer steiler und es geht etwa 2,5 Kilometer fast schnurgerade bergauf. Dieses Stück kann somit tatsächlich zu einer kleinen Willensprobe werden.
Irgendwann haben wir aber den Ort Malbun erreicht und können uns damit schmücken, den höchsten Ort in Liechtenstein erreicht zu haben. Außerdem sind wir in illustrer Gesellschaft: Wie erwähnt, war die Tour de Suisse bereits viermal hier zu Gast, das letzte Mal 2022 und das erste Mal 2004, als Jan Ullrich am Ende das goldene Trikot der Schweiz-Rundfahrt trug. Dem kleinen Hochgefühl zum Trotz sollten wir hier noch nicht aus dem Sattel gehen! Malbun ist ein typischer Skiort, also alles andere als ästhetisch ansprechend. Doch wenn wir der Straße weiter durch den Ort folgen und immer geradeaus fahren, wartet noch ein kleines Stück asphaltierter Straße mit strammer Steigung auf uns. Diese wenigen Meter sind zwar anspruchsvoll, aber unbedingt zu empfehlen, denn hier erlebt man sattes Grün und herrliche Blicke in Richtung Augustenberg!
Am Ende der asphaltierten Strecke drehen wir wieder um und rollen gemächlich zurück in den Ort Malbun. Dort schütteln wir kurz die Beine aus und stürzen uns direkt in die Abfahrt: Auf uns wartet eine echte Highspeed-Strecke! Gerader Streckenverlauf, perfekter Asphalt und starkes Gefälle erlauben hohe Geschwindigkeiten ohne großes Risiko. Trotzdem sollten wir nicht zu schnell rasen, denn kurz hinter Steg und noch vor dem Stegtunnel zweigen wir links ab und überqueren eine kleine Brücke. Danach geht es ordentlich steil rechter Hand bergauf. Unser Ziel: Der Kulm, ein echter (und wohl der einzige asphaltierte) Pass in Liechtenstein!
In wunderschönen Kehren geht es quasi verkehrsfrei bergauf. Hier müssen wir noch einmal ordentlich quetschen, denn die Steigung ist ziemlich stramm. Der Anstieg ist aber nur etwas mehr als einen Kilometer lang, also bestens zu bewältigen. Oben angekommen, wartet auf uns ein kleiner Tunnel, Ds alt Tonäll, die alte Verbindung ins Saminatal vor dem Bau des Stegtunnels Mitte des 20. Jahrhunderts. Ds alt Tonäll war also lange Zeit eine wichtige Verkehrsader und Transitroute ins Tal von Malbun! Der Tunnel ist nur wenige Meter lang und auf der anderen Seite können wir uns auf einer kleinen Info-Tafel über die Geschichte dieses Übergangs informieren.
Ab hier geht es wirklich steil bei teilweise über 20% bergab, wir sollten also stets bremsbereit sein! Dafür ist die Strecke perfekt asphaltiert, was bei so steilen Straßen unserer Erfahrung nach eher die Ausnahme ist. Nach wenigen Minuten treffen wir so wieder auf die Hauptstraße und erreichen erneut Triesenberg. Dort fahren wir an der Kirche links in Richtung Triesen und stürzen uns auf breiter Straße zurück ins Rheintal. Hier ist etwas mehr Verkehr anzutreffen, was aber bergab keinerlei Problem darstellt. Kurzer Hinweis: Die Option, auf gleicher Strecke bergab zu fahren, auf der wir gekommen sind, ist auf legalem Wege nicht möglich, es handelt sich stellenweise um eine Einbahnstraße. Wir raten jeder und jedem davon ab, auf dieser Strecke bergab zu fahren! Außerdem ist die Abfahrt über Triesen frei von Kopfsteinpflaster und voller breiter Kehren. Es gibt also keine ‚Ausrede‘, diese Strecke bergab nicht zu nutzen.
Im Rheintal angekommen, erreichen wir in kürzester Zeit wieder Vaduz, wo wir am besten kurz von der Hauptstraße abzweigen und durch die Innenstadt fahren, deren Fußgängerzone offiziell für Fahrräder freigegeben ist (natürlich in gemächlichem Tempo). Am anderen Ende der Stadt haben wir schließlich zwei Möglichkeiten. Entweder wir folgen der Hauptstraße direkt nach Schaan oder wir fahren über kleine (asphaltierte!) Fahrradwege – wir entscheiden uns für die zweite Variante und genießen Liechtenstein fern vom Verkehr im Grünen! So gelangen wir entspannt zum Schaaner Bahnhof, in dessen Nähe wir unser Fahrrad wieder abgeben.
Unser Fazit: Liechtenstein ist definitiv einen Ausflug wert, das Fürstentum hat mehr als nur eine Hauptstraße zu bieten! Wir erleben in Liechtenstein gut ausgebaute Straßen, sportliche Herausforderung, Historisches und herrliche Panoramen – ein absoluter Alpenvettern-Tipp!