Transalp 2015, Etappe 1:
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Bereits am Vortag haben wir die beschwerliche Anreise von Deutschland an den Genfersee hinter uns gebracht. Insgesamt waren wir fast 10 Stunden mit dem Bus unterwegs, eine Strapaze für die Muskeln, die sich durch das lange Sitzen stark verkrampft haben.
Trotzdem geht es nach einem kräftigen Frühstück in Thonon-les-Bains am Ufer des Genfersees los. In der Nacht hat es noch geregnet, die Straßen sind immer noch etwas feucht. Erinnerungen an die Regenschlachten der Transalp 2014 werden wach. Da hilft nur hoffen, dass in Frankreich die Regengebiete schneller abziehen.
Wir rollen langsam ein, es geht zunächst durch die Gorges du Pont du Diable, die Teufelsschlucht. Es ist etwas kühl, die Luft noch feucht vom Regen, doch die Sonne blitzt schon ein wenig zwischen den Wolkenfeldern hindurch. Leicht ansteigend fahren wir die ersten Kilometer.
Es geht durch den Ort Saint-Jean-d’Aulps, nur mäßig ansteigend, eigentlich immer geradeaus. Erst kurz vor der Abzweigung nach Morzine gibt es erste Kehren. Hier wird der erste Bergsprint eingelegt und die große Gruppe zerfällt in etwas kleinere Fahrgemeinschaften.
Anstatt hinauf in den berühmten Wintersportort Morzine zu fahren, wählen wir den direkten Weg hinauf nach Les Gets und zum Col des Gets, dem ersten offiziellen Pass der Tour. Es gibt nur eine kurze Pause, denn es wartet noch ein gutes Stück Weg auf uns, außerdem ist der Ort Les Gets zwar hübsch, bietet aber nichts sonderlich Spannendes. Dafür wird das Wetter zunehmend besser, die Sonne strahlt und die Temperaturen werden auch richtig angenehm.
So geht es gleich in die rasante Abfahrt. Das hört sich spaßiger an, als es ist, denn der französische Straßenbelag ist nicht der beste. So müssen wir den größten Teil der Abfahrt nahe des Mittelstreifens fahren. Zum Glück sind die Franzosen in dieser Gegend Radfahrer gewöhnt, sodass es keine Probleme mit Autofahrern gibt. Zumal genießt der Radsport ein unglaublich hohes Ansehen in der breiten Gesellschaft Frankreichs, also eher das Gegenteil zu Deutschland.
Der Weg talwärts wird unterbrochen von einem kleinen Gegenanstieg, dem Col de Châtillon. Dieser ist nicht sonderlich schwer und ziemlich schnell Geschichte. Wir kommen nach Cluses und an der Arve legen wir eine Bananenpause ein. Diese ist bitter nötig, denn nach Cluses erwartet uns der erste Scharfrichter der Transalp: Der Col de la Colombière.
Der Col de la Colombière ist in der Tat nicht zu unterschätzen. Knapp 16 Kilometer winden wir uns gute 1000 Höhenmeter in den Himmel. Das alleine macht den Anstieg noch nicht so schwer, doch der Colombière zählt zu den steilen Pässen der französischen Alpen. Normalerweise sind die Pässe hier ausgesprochen lang und dafür nur zwischen 8 und 10% steil. Doch der Colombière wartet mit Spitzen von über 15% im letzten Teil auf uns. Dazu noch die sengende Hitze der Nachmittagssonne, die den Hang direkt anstrahlt, das verspricht ein hartes Stück Arbeit.
Anfangs kurbeln wir noch lässig und locker, doch schon bald werden die Tritte schwerer und uns beschleichen die ersten Zweifel: „Sind wir den Pass wohl zu schnell angegangen?“ Leider werden unsere Zweifel bestätigt, wir werden merklich langsamer. Die Muskeln sind noch leicht verklebt von der Busfahrt tags zuvor. So geht es nur gemächlich bergauf. Wir trösten uns mit Zweckoptimismus: Wir fahren so langsam, dass wir Landschaft richtig genießen können.
Auch diese Tortur geht zu Ende und an der Passhöhe gönnen wir uns eine längere Pause. Leider bietet der Colombière vergleichsweise wenig Aussicht und wir steigen bald wieder auf das Rad. Im flotten Tempo geht es hinab nach Le Grand-Bornand. Es folgt noch ein letzter kurzer Anstieg hinauf nach La Clusaz, unserem heutigen Etappenziel. Eigentlich befinden wir uns schon auf der Auffahrt zum Col des Aravis, doch wir wollen nur bis nach La Clusaz. Dort besichtigen wir noch die Innenstadt, waschen unsere Kleidung und sammeln Kräfte für den kommenden Tag.